Religiös neutrale Bildung?
Journalist:innen und Lehrkräfte diskutieren vor allem in der Vorweihnachtszeit heftig über die Rolle der Schulen in Bezug auf religiöse, weltliche oder neutrale Feierlichkeiten im Verlauf des (Schul-) Jahres. Dies eine Reaktion auf eine allgemeinere Debatte über die Rolle von Religion in der Schule. Die sogenannte neutrale und säkularistische Argumentation wird immer dominanter. Politisch gewollte Werte und die Meinung von Lehrkräften können in verschiedenen Kontexten in Europa in Konflikt geraten, wie in diesem norwegischen Beispiel.
Das norwegische Bildungsgesetz bringt zum Ausdruck, dass Werte in Kultur und Tradition verankert sind, und räumt den christlichen und humanistischen Werten in der norwegischen Schule eine inhaltliche Priorität ein. Es nennt sechs Werte, die gefördert werden sollen: Achtung der Menschenwürde und der Natur sowie geistige Freiheit, Nächstenliebe, Vergebung, Gleichheit und Solidarität. In dem Gesetz heißt es weiter, dass das Christentum und der Humanismus diese Werte nicht allein besitzen, sondern dass sie auch in anderen Religionen und Glaubensrichtungen vorkommen und in den Menschenrechten verwurzelt sind. (§ 1-1 Die Ziele der allgemeinen und beruflichen Bildung)
Das Bildungsgesetz steht im Einklang mit der Praxis der Regierung bezüglich der positiven Religionsfreiheit und der Politik einer religiös und weltanschaulich offenen Gesellschaft. Die Grundwerte der christlichen und humanistischen Traditionen werden klar als Grundlage für Bildung in Norwegen genannt. (Siehe englische Fassung unter: https://www.regjeringen.no/contentassets/53d21ea2bc3a4202b86b83cfe82da93e/core-curriculum.pdf)
Wie das hier verlinkte Beispiel zeigt, neigen einige dazu, die Auffassung zu vertreten, dass Bildung neutral sein sollte. Insgesamt werden Säkularisierung und Neutralität immer dominanter. Im Fall der im Beispiel genannten Master-Studierenden ist diese Einstellung jedoch überraschend, da sie Lehrer.innen sind, die in einem Masterstudiengang zu Religions- und Weltanschauungsunterricht eingeschrieben sind und ihre tägliche Arbeit in verschiedenen Schulen und Stufen verrichten.
Wie kann neutrales und säkulares Denken bei Lehrkräften so dominant sein? Dies ist nicht nur in Norwegen der Fall, sondern scheint ein westliches Phänomen zu sein. Im Namen der Toleranz wird die christliche Kultur ausgelöscht oder gedämpft, um die Schulen für Minderheiten und deren Religionen zu öffnen. Der Effekt ist das Gegenteil: Minderheiten fehlt die Möglichkeit, die Kultur der Mehrheit zu verstehen und sich in ihr zurechtzufinden. Neutralität in der Bildung ist unmöglich. Als Forscher:innen und Pädagog:innen, die in der christlichen Religion verwurzelt sind, ist es wichtig, wie wir dieser zunehmend vorherrschenden Ideologie der Neutralität in Zukunft begegnen.
Mit dem Wunsch eines gesegneten Weihnachtsfestes und mehr Frieden im Jahr 2025,
Heid Leganger-Krogstad im Namen von
Dr. Tania ap Siôn & Heid Leganger-Krogstad (ICCS) und Michael Jacobs & Piet Jansen (IV)
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