Europa und die Welt sind heute leider in vielerlei Hinsicht von Gewalt und Konflikten geprägt. Wenn es zu Unterdrückung oder Gewalt gekommen ist, muss die Wahrheit ausgesprochen und verstanden werden, bevor eine Versöhnung möglich ist. Die Erfahrungen aus einem zweijährigen Untersuchungsprozess in Norwegen könnten für andere ähnliche Versöhnungsprozesse nützlich sein.
Der Bericht der Wahrheits- und Versöhnungskommission zeigt die Haltung der norwegischen Behörden gegenüber den Sámi und Kvens/Norwegischen Finnen (Indigene und Minderheiten) in der Vergangenheit und die Möglichkeiten der Versöhnung in Politik, Gesellschaft, Schulen und Kirchen in der Zukunft. Auf mehr als 658 Seiten werden die Erfahrungen mit der Durchsetzung der Norwegisierung durch historische Untersuchungen und persönliche Geschichten beschrieben.
Das Mandat beschreibt die drei Aufgaben der Kommission:
- Durchführung einer historischen Untersuchung, um die Politik und die Aktivitäten der norwegischen Behörden gegenüber den Sámi und Kvens/Norwegischen Finnen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene zu erfassen.
- Durchführung einer Untersuchung der Auswirkungen der Norwegisierungspolitik. Die Kommission soll untersuchen, wie sich die Norwegisierungspolitik auf die Haltung der Mehrheitsbevölkerung gegenüber den Sámi und Kvens/Norwegischen Finnen ausgewirkt hat, und die Folgen der Norwegisierung bis heute untersuchen.
- Maßnahmen vorschlagen, die zu einer weiteren Versöhnung beitragen.
Weltweit werden mehrere ähnliche Prozesse durchgeführt, und die Kommission hat sich mit anderen Wahrheits- und Versöhnungsprozessen vertraut gemacht, die international stattgefunden haben. Um die wahre Geschichte des Verlusts von Sprache und Kultur zu erfahren, wurden viele öffentliche Sitzungen abgehalten, und mehr als 760 persönliche Geschichten über das Unrecht wurden in den Bericht aufgenommen. Eine abweichende Stimme in der Kommission bringt zum Ausdruck, dass der Bericht die allgemeineren gesellschaftlichen Prozesse in der Geschichte nicht angemessen widerspiegelt, Prozesse, die nicht Teil einer bewussten nationalen Politik sind. Ein Ergebnis sei, so diese Stimme, dass den Samen im Bericht ausschließlich eine Opferrolle zugewiesen werde.
Die Logik, erst die Wahrheit und dann die Versöhnung, lehrt uns Jesus in seiner Begegnung mit der samaritanischen Frau in Johannes 4. "Du hast fünf Männer gehabt", sagte Jesus, und sie wurde befreit, indem sie die Wahrheit über ihr Leben erfuhr. Dieser grundlegende christliche Grundsatz ist in den meisten europäischen Ländern im Strafrecht verankert und wird in diesem Newsletter in mehreren Artikeln aufgegriffen und dargestellt: Holocaust-Erziehung (vgl. IV-Artikel), Erziehung zur Demokratie (vgl. Wergeland-Zentrum) und Erziehung zu den Klimakrisen (vgl. ECEN). Alle friedensstiftenden Maßnahmen nach Kriegen müssen auf dem gleichen Prinzip beruhen:
Erst die Wahrheit, dann die Versöhnung.
Wir wünschen Ihnen allen ein frohes Weihnachtsfest und Gottes Segen für die Welt im Jahr 2024!
Heid Leganger-Krogstad im Namen von
Dr. Tania ap Siôn and Heid Leganger-Krogstad (ICCS) and Michael Jacobs and Piet Jansen (IV)
Weitere Informationen: https://www.stortinget.no/en/In-English/About-the-Storting/News-archive/Front-page-news/2022-2023/the-truth-and-reconciliation-commission/
Englische Zusammenfassung im Bericht auf den Seiten 76–90: https://www.stortinget.no/globalassets/pdf/sannhets--og-forsoningskommisjonen/rapport-til-stortinget-fra-sannhets--og-forsoningskommisjonen.pdf
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