Die Konferenz der INGOs (CINGO) hielt ihre jährliche Frühjahrstagung am 24. und 26. April 2023 im Hybridformat ab. Ein Meinungsaustausch mit Generalsekretärin Marija Pejčinović Burić und die Verabschiedung der Empfehlung der INGO-Konferenz an das Gipfeltreffen der Staatsoberhäupter des Europarats am 16. und 17. Mai 2023 in Reykjavik bildeten die Höhepunkte der Sitzung.

In dieser Empfehlung wurde unter anderem eine Stärkung der der Europäischen Menschenrechtskonvention gefordert, als ein entscheidender Faktor für den Schutz der Menschenrechte, für die Entwicklung der Demokratie und für die Achtung der Rechtsstaatlichkeit“. Zudem fordert die Empfehlung die „Entwicklung von Ressourcen für die lebenslange Aus- und Weiterbildung in den Bereichen Bürgerschaft und Menschenrechte in Zusammenarbeit mit Akteuren der Zivilgesellschaft, wie NRO und NMRIs“[1].

Darüber hinaus verabschiedete die Konferenz eine Empfehlung für einen globalen Ansatz für die Rechte von Flüchtlingen und Migranten und die Rolle der Zivilgesellschaft. Sie fordert nachdrücklich „die Einführung von Maßnahmen, in denen der Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und Sicherheit als intrinsisches und grundlegendes Menschenrecht unabhängig von Alter, Herkunft, spezifischem Aufenthaltsstatus oder anderen Kriterium der Person.“ verankert ist.

Für den Bildungsbereich wurden richtungsweisende Entscheidungen getroffen, die die Wichtigkeit der politischen Anliegen in diesem Bereich unterstreichen. So wurde einerseits das das Mandat des Komites „Bildung für Demokratie“ erneuert, welches sich besonders für eine Verknüpfung von nicht-formaler und formaler demokratischer Bildung sowie die besondere Beachtung der Einbeziehung gefährdete Gruppen einsetzt. Auch das Komitee für interreligiösen und interreligiösen Dialog wurde für ein weiteres Jahr einstimmig bestätigt.

Empfehlungen der Konferenz sind nicht bindend, werden aber als wichtiger Beitrag der Zivilgesellschaft von den anderen Organen des Europarats wahrgenommen.

Europarat Gipfel in Reykjavik

Es ist erst der vierte Gipfel des Europarates, der am 16. und 17. Mai unter der Präsidentschaft Islands in Reykjavik stattfand. Ein klares Signal unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine (Ukraine ist Mitglied des Europarates, Russland wurde im Februar 2022 ausgeschlossen) ist die Entscheidung ein Schadensregister für die Ukraine aufzubauen. Damit wird ein erster Schritt zu einem internationalen Entschädigungsmechanismus für die Opfer der russischen Aggression getan. Obwohl hinsichtlich der Umsetzung noch einige Fragen hinsichtlich der konkreten Umsetzung und der Konsequenzen offen sind, stellt es ein wichtiges Instrument dar, um Rechenschaftsforderungen völkerrechtswidrigen Verhaltens zur Geltung zu bringen.

Gipfeltreffen und deren Abschiedserklärungen sind oft diplomatische Gratwanderungen, deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass der Text von Reykjavik sich manchmal in Standardformulierungen verliert. Dennoch, Reykjavik hat noch einmal bestätigt, dass wir in einem post-peace Europa angekommen sind – Durch die Abschlusserklärung wird eine Rückbesinnung auf die grundlegende Werte des Europarates klar gefordert, ausgelöst durch die Situation in der Ukraine. „Unsere Europäischen Demokratien sind nicht ein für alle Mal etabliert“, heißt es gleich im ersten Abschnitt der Erklärung und mahnt somit zur Rückbesinnung auf die Werte Menschrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit.

Des Weiteren betont sie die wichtige Aufgabe, die der Bildung in diesem Zusammenhang zukommt. Diese stelle jungen Menschen die erforderlichen Grundlagen bereit „um mit unseren demokratischen Werten in kulturell vielfältigen Gesellschaften aufzuwachsen und sich aktiv am Schutz unseres kulturellen Erbes zu beteiligen.“

Bemerkenswert ist noch, dass in Anhang V der Abschlusserklärung, die sich explizit mit der Verantwortung des Europarates für die Umwelt auseinandersetzt, die vitale Rolle von u.a. NGOs und religiösen Gemeinschaften – und nur hier – explizit hervorgehoben wird, wenn es um Umweltschutzproblematiken geht. Sicherlich ist dies dem Umstand zu verdanken, dass religiös inspirierte INGOs, darunter auch die Konferenz europäischer Kirchen, sich schon seit Jahren für eine aktive Mitarbeit religiöser Organisationen einsetzen, nicht zuletzt durch das Komitee für Interreligiösen und Interkonviktionellen Dialog.

Sören Lenz, Strasbourg Büro KKR/CPCE

Header photo: @Council of Europe/Sandro Weltin


[1] NRO= Nicht-Regierungsorganisationen; NMRI=Nationale Menschenrechtsinstitutionen