Im letzten Newsletter berichtete Heid Leganger-Krogstad von ihrer sechsjährigen Enkelin, deren erstes Schuljahr ganz von der Pandemie und im zweiten Schulhalbjahr auch von den Nachrichten und Bildern des Ukraine-Kriegs geprägt war. Sie fragte sich (und uns), wie sich diese Erfahrungen auf das Weltbild und die Zukunftsvorstellung ihrer Enkelin und der anderen Kinder auswirken. Seitdem haben sich zwar die Corona-Einschränkungen in vielen Ländern gelockert, aber der Krieg in der Ukraine hält unvermindert an. Und ein Ende ist nicht in Sicht, weil beide Seiten weiter auf militärische Stärke statt Verhandlungen setzen. Die Politik scheint machtlos, auch die Klimakrise hat sie nicht im Griff. Wem kann man überhaupt noch vertrauen? Gerdien Bertram-Troost von der Freien Universität Amsterdam spricht vom schwierigen Aufwachsen in einer „low-trust society“.
Gerade hat eine aktuelle Studie in Deutschland – die sog. Shell-Jugendstudie – gezeigt, dass auch Jugendliche von einem massiven Gefühl der Unsicherheit erfasst sind. Mehr als zwei Drittel der befragten Jugendlichen zwischen 14 und 29 Jahren machen sich Sorgen wegen der Inflation, des Krieges in Europa, des Klimawandels, der Wirtschafts- und Energiekrise und der drohenden Altersarmut. Die Studienautoren schreiben: „Diese Krisen tragen dazu bei, dass Jugendliche sich fühlen, als würden sie aus dem Tunnel gar nicht mehr herauskommen. Die Krisen überlagern sich und hören nicht auf.“
Umso wichtiger ist es, in Erziehungs- und Bildungsprozessen Zeichen der Hoffnung und Zuversicht zu setzen. Erwachsene müssen ihr eigenes Tun selbstkritisch reflektieren und sich in pädagogischen Beziehungen als verlässliches Gegenüber erweisen, damit Vertrauen wachsen kann. Und sie müssen „Gegengeschichten“ erzählen, die Mut machen und die „Sehnsucht nach einem besseren Leben“ (J. Korczak) wachhalten. Die jüdisch-christliche Tradition ist voll von solchen Geschichten. Mögen wir einige davon in der Adventszeit neu entdecken und Weihnachten als „Gegengeschichte“ von der Menschwerdung Gottes in einem Kind hören und erfahren.
Wir wünschen frohe Weihnachtstage und den Frieden Gottes für die Welt im Jahr 2023!
Michael Jacobs im Namen von
Dr. Tania ap Siôn und Heid Leganger-Krogstad (ICCS) und Michael Jacobs und Piet Jansen (IV)
|